Die Pandemie hat unsere Welt verändert. Als Stiftung, die das Schweizer Musikschaffen fördert, waren, sind und werden wir mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. Auf den einen oder anderen Aspekt habe ich in früheren Posts bereits hingewiesen. Ein wesentlicher Teil unserer Stiftungsarbeit betrifft auch die Präsenz im Ausland ¬ allem voran an international relevanten Musikmessen.
Letztes Jahr konnte die jazzahead! in Bremen, die grösste und wichtigste Messe für Jazz, nicht stattfinden. Vom 29. April bis 2. Mai wird die Ausgabe 2021 nun erstmals virtuell über die Bühne gehen. Damit dies auch mit der nötigen Schweizer Präsenz reibungslos funktioniert, dafür ist in unserem Team Marcel Kaufmann zuständig. Als Projektleiter sorgt er seit Jahren erfolgreich dafür, dass Schweizer Musik an den internationalen Musikmessen und -Events gebührend wahrgenommen wird.
Ich habe ihn gebeten, mir im Vorfeld der Veranstaltung kurz Auskunft über den Stand der Dinge zu geben:
Marcel, Teilnehmer*Innen früherer Ausgaben der jazzahead! waren es sich gewohnt, sich – entweder als Mitaussteller oder als Besucherin, Besucher am Schweizer Stand – in der Messehalle zu treffen. Wie sieht dies im Jahre 2021 aus?
Marcel Kaufmann: Den Messestand SWISS MUSIC der FONDATION SUISA in Zusammenarbeit mit Pro Helvetia, Sonart, Swissperform und der Schweizerischen Interpretengenossenschaft SIG wird es auch heuer geben. Nur nicht physisch, sondern virtuell. Wir können auch auf diesem Weg Werbung für Schweizer Künstler*Innen machen, unsere Jazz-Compilation bewerben und Artist Trailers präsentieren. Es gibt zahlreiche Funktionen, die es ermöglichen, auch auf diesem Weg zu kommunizieren und Netzwerke zu nutzen. Es gibt Chat-Funktionen in Wort und Bild, es lassen sich Kontakte erstellen und in einem Kalender Meetings eintragen.
Und wie wird man an diesem virtuellen Stand empfangen?
Marcel Kaufmann: Das virtuelle Frontoffice wird besetzt sein. Da sitzt also jemand aus unserem Team zuhause am Computer und hat Standdienst.
Und wie verhält es sich mit den Live-Showcases?
Marcel Kaufmann: Einige Bands werden live auftreten vor Ort und – wie in den letzten Jahren auch – professionell audiovisuell gestreamt. Die Schweiz hat dieses Jahr zwei Formationen in Bremen. Da es sich bei The True Harry Nulz um eine schweizerisch-deutsch-österreichische Kooperation handelt, werden sie live in Bremen spielen. Anders sieht es beim Luzia von Wyl Ensemble aus. Die zehnköpfige Band mit den momentanen Gesundheitsauflagen auf die Reise zu schicken, wäre zu aufwändig geworden. In diesem Fall wird es einen im Vorfeld produzierten Showcase geben.
Ist die Ungewissheit in dieser besonderen Lage, die grösste Herausforderung?
Marcel Kaufmann: Unbedingt. Was heute gilt, kann morgen schon anders sein. Da ist vor und auch während des Anlasses viel Flexibilität gefragt.
jazzahead! ist die grösste Messe für den Jazz. Schlägt sich dies auch bei der virtuellen Variante in der Zahl der Anmeldungen nieder?
Marcel Kaufmann: Die Messe selbst hat im Vergleich zu früher massiv weniger Anmeldungen. Ich würde sagen, das bewegt sich irgendwo zwischen einem Sechstel und einem Drittel des gewohnten Umfanges. Was auch ein Vorteil sein kann. Man kommt so einfacher an bestimmte Teilnehmer ran. Letztlich kommt es darauf an, wer dabei ist und nicht wie viele. Was die Schweizer Mitaussteller an unserem Stand betrifft, sieht es wesentlich besser aus. Stand heute sind es rund fünfzig Prozent im Vergleich zu früher. Das kann sich aber in der Woche bis zum Start noch erhöhen.
Der legendäre und allseits beliebte Alpine Cocktail, gemeinsam organisiert mit Österreich, kann nicht stattfinden.
Marcel Kaufmann: Das ist leider so. Doch wir haben mit unseren östlichen Nachbarn eine virtuelle Alternative ins Leben gerufen, den Coffee Break. Die besten Gespräche entstehen, wenn man mit einem bislang Unbekannten am Kaffeeautomaten steht und wartet. Diese Situation haben wir in den virtuellen Raum transportiert. Der Coffee Break ist grundsätzlich ein Meeting via Zoom, doch gibt es Breakout-Räume, in denen man sich austauschen kann. Vieles an einer Messe läuft über den informellen Bereich und ich bin zuversichtlich, dass diese Form des virtuellen Netzwerkelns eine Chance hat.
Auf was bist Du am meisten gespannt?
Marcel Kaufmann: Auf die Reaktion unserer Community. Die Einstellung der Leute zum Digitalen verändert sich genauso wellenartig wie der Virus. Viele, die früher dem Digitalen nichts abgewinnen konnten, sehen plötzlich auch gewisse Vorteile darin. Zumindest für spezifische Events. Eine Panel-Session funktioniert digital mindestens ebenso gut wie physisch.
Wie siehst Du die Zukunft solcher Events, in den Zeiten nach der Pandemie?
Marcel Kaufmann: Wie diese im Detail aussieht, weiss eigentlich niemand. Ich denke, es wird in Zukunft eine Mischform geben, obwohl zu Beginn wahrscheinlich der physische Teil grösser sein wird. Die Sehnsucht, wieder zu reisen, Musik live zu erleben und Menschen physisch zu treffen, ist doch sehr gross. Auf der anderen Seite werden die Menschen sich die Events wohl in Zukunft sorgfältiger aussuchen. Aber das ist alles Theorie. Wie es morgen sein wird, wissen wir schlicht heute noch nicht.
Merci Marcel. Wir sind gespannt auf die Bilanz, die Du nach der jazzahead! ziehen wirst.
Mehr Infos zur anstehenden jazzahead! 2021 gibt es hier: