Mitte Mai ist in den USA etwas Bemerkenswertes passiert, das zwischen den grossen Schlagzeilen fast untergegangen ist – etwa neben Meldungen zu neuen China-Zöllen, Debatten um Abtreibungsrechte oder Berichten über rechtsextreme Strömungen im US-Wahlkampf.
Die American Federation of Musicians (AFM) hat öffentlich Stellung gegen Präsident Trump bezogen und damit erstmals zwei ihrer Mitglieder, Taylor Swift und Bruce Springsteen, explizit gegen persönliche Angriffe des Präsidenten verteidigt.
Was war geschehen? Donald Trump hatte auf seiner Plattform „Truth Social“ Taylor Swift erneut herabgewürdigt und Bruce Springsteen als «dumm wie ein Stein» bezeichnet. Beide Musiker*innen sind langjährige Kritiker*innen Trumps und engagieren sich offen politisch.
Die AFM reagierte prompt: Präsident Tino Gagliardi stellte klar, dass die Gewerkschaft nicht schweigen werde, wenn Mitglieder öffentlich angegriffen werden. Er betonte die Bedeutung von Springsteen und Swift als Vorbilder und die Wichtigkeit der Meinungsfreiheit für alle Musikschaffenden.
Dieser Schritt ist bemerkenswert, weil es keinen bekannten Fall gibt, in dem die AFM zuvor öffentlich einen amtierenden Präsidenten wegen persönlicher Angriffe auf einzelne Mitglieder kritisiert hat. Die AFM war zwar schon immer politisch aktiv, etwa in Fragen von Arbeitsrechten oder Fördergeldern, diese explizite Solidarität mit einzelnen Künstler*innen ist jedoch ein Novum.
Was heisst das für uns in der Schweiz? Hiesige Gewerkschaften wie zum Beispiel SONART oder SMV mussten sich glücklicherweise noch nie in vergleichbarer Weise positionieren. Und dennoch zeigt der Fall, wie wichtig eine starke Interessenvertretung ist.
Unsere Gewerkschaften setzen sich schweizweit für die Anliegen der Musikschaffenden ein – unabhängig von Genre oder Karrierephase. Sie bieten Beratung, Workshops und engagiert sich kulturpolitisch für faire Rahmenbedingungen. Gerade in einem sich rasch wandelnden Musikmarkt braucht es eine Stimme, die unsere Interessen bündelt und gegenüber Politik und Veranstaltern vertritt.
Mitglied bei einer Interessenvertretung zu sein, bedeutet Rückhalt, Zugang zu professionellen Dienstleistungen und Teil einer solidarischen Gemeinschaft zu sein. Das ist heute wichtiger denn je – auch, wenn wir zum Glück noch meilenweit von US-amerikanischen Verhältnissen entfernt sind.