Anlässlich der Generalversammlung der SUISA vom 17. Juni 2022 im Berner Bierhübeli sprach ich über unsere Arbeit bei der FONDATION SUISA. Der Rückblick auf die letzten zwei (erfolgreichen) Jahre mündete in einem Ausblick auf die Herausforderungen, die auf uns warten.
Hier meine Rede…
Cher Monsieur le Président
Madame la Conseillère d‘ Etat
Geschätzte Damen und Herren
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Ist es möglich, Ihnen einen Überblick über unsere Aktivitäten im Jahr 2021 zu geben, ohne 2020 mit zu berücksichtigen?
Kaum.
Kann ich Ihnen diesen Überblick vermitteln, ohne die sattsam bekannte «Krise» zu thematisieren?
Schwierig!
Mit den Titelbildern unserer beiden letzten Jahresberichte habe ich versucht, unsere Realität und jene vieler unserer Destinatärinnen und Destinatäre symbolisch darzustellen:
Auch wir mussten vor zwei Jahren erfahren, wie sich vermeintliche Gewissheiten von einer Stunde auf die andere in Luft auflösen können. Auch unser Stiftungs-Boot geriet in eine Nebelbank, Radar und Kompass fielen aus – gleichzeitig aber stiegen die Erwartungen und Hoffnungen an uns – oder, um im Bild des Bootes zu bleiben: der Kessel blieb unter Dampf und dies bei steigendem Druck…
Ich darf Ihnen einige Kennzahlen präsentieren:
Ich denke, über die Entwicklung der Zuwendungen der 2,5% aus Aufführungs- und Senderechten durch die SUISA brauchen wir nicht detaillierter zu sprechen, Sie sehen hier die Zahlen der letzten drei Jahre, in der Tendenz natürlich leicht rückläufig.
2019: 2’752’983
2020: 2’361’563
2021: 2’273’446 (entspricht ziemlich genau dem Jahr 2010!)
Dadurch mussten wir im Jahres-Abschluss ein kleines Defizit hinnehmen, aber unser erklärtes Ziel war, unsere Services aufrecht zu erhalten.
An dieser Stelle möchte ich unseren Kolleginnen und Kollegen bei der SUISA Genossenschaft ein Lob aussprechen: dank Euch konnten wir, allen Widerwärtigkeiten zum Trotz, auf einer soliden Einnahmenbasis aufbauend unseren Aufgaben nachkommen.
Interessant ist die quantitative Entwicklung bei den Gesuchsdossiers:
Zum Vergleich: Im eben erwähnten Jahr 2010 hatten wir 230 Gesuche unterstützt.
In der Spalte «erneut» sind jene Projektgesuche gezählt, die bereits bewilligt waren, für die wir aber aufgrund der veränderten Ausgangslage individuell neue Lösungen suchen mussten (Beispiel unterbrochene Tourneen, abgesagte Festivals etc). Eine bisweilen deprimierende Arbeit, stehen doch hinter jedem dieser Dossiers individuelle Schicksale – dieser Tatsache wollten wir gerecht werden. Kulanz war denn auch das Gebot der Stunde.
Diese Zahlen dokumentieren die Arbeit der Kommission für Einzelgesuche. Weitere Förderprogramme haben wir teils ad hoc lanciert bzw. vergrössert.
So zum Beispiel die bereits bekannten «Get Going!»-Beiträge:
Durchaus im Sinne von Sofortmassnahmen haben wir die Anzahl der «GetGoing!»-Beiträge von ursprünglich vier auf acht, danach 2021 auf deren elf erhöht und mit je 25’000.- Franken eine Anschubfinanzierung ermöglicht.
Komplet neu und in kürzester Zeit umgesetzten haben wir ein Programm namens «Keep Going!»:
Damit konnten wir insgesamt dreissig Anträge mit je CHF 5000.- unterstützen. So konnten wir rasch auf den Umstand reagieren, dass viele bereits laufende Projekte blockiert wurden. Zumindest finanziell versuchten wir mitzuhelfen, diese trotz pandemiebedingter Einschränkungen in Bewegung zu halten und notwendige Veränderungs- und Anpassungsprozesse zu ermöglichen.
Dass das Programm einem Bedürfnis entsprach, bewiesen die über 300 eingereichten Anfragen.
Aber auch intern sind wir grössere Projekte und Aufgaben angegangen:
- Mit dem angepassten Förderreglement, dem neuen Online-Tool und unserer neuen Website gehen wir demnächst an den Start.
- Die Total-Revision der Stiftungsurkunde ist angestossen.
- Und natürlich das alles überstrahlende Thema: Unter Stichworten wie «Digitale Transformation», «Metaverse» etc wurden Entwicklungen beschleunigt, auf die wir und das Musikbusiness reagieren müssen.
Was wir in den letzten zwei Jahren bewusst nicht gemacht haben war, sogenannte «Nothilfe» zu finanzieren – unser Fokus blieb stets projektorientiert.
Um Lohn- und Gagenausfälle aufzufangen und den teils dramatischen Härtefällen zu begegnen, waren der SUISA Hilfsfond, unsere Kolleginnen und Kollegen von Suisseculture Sociale, Musikrat, Sonart sowie die zuständigen Stellen bei Kantonen und Gemeinden die richtigen Ansprechpartner.
Sie sehen, wir haben als Förderstiftung aktiv und offensiv, im Rahmen unserer Möglichkeiten, auf die Herausforderungen reagiert. Wir werden das weiterhin tun. Ich möchte an dieser Stelle unserem Stiftungsrat unter der Leitung von Marc Savary mein Dankeschön aussprechen: ohne dessen Vertrauen sowie Bereitschaft zu kreativen Lösungsansätzen und kurzfristig anberaumten Entscheidfindungen hätte ich die FONDATION SUISA kaum so erfolgreich durch die letzten beiden Jahre manövrieren können.
Mit an Bord als neues Mitglied des Stiftungsrates ist seit letztem September Frau Francine Jordi.
In meinen Dank mit einbeziehen möchte ich meine Kollegin und meine Kollegen auf der Geschäftsstelle: Muriel, Marcel und Nicolas hielten die mit grossem Effort das Commitment aufrecht und boten der Ungewissheit Paroli.
Gerne empfehle ich Ihnen unseren eingangs erwähnten Tätigkeitsbericht, den Sie auf unserer Website zur Lektüre finden.
Eine Erkenntnis bleibt:
Für mich die wichtigste Herausforderung, derer wir Kulturförderinstitutionen uns stellen müssen, ist jene nach unsere Verantwortung und der Wirkung unseres Tuns auf die Welt um uns! Wir müssen uns als Teil eines übergeordnete ökonomischen Systems definieren. Wir, die gesamte Kreativwirtschaft, dürfen uns nicht als «Insel der Glückseligen» verstehen, losgelöst von den uns umgebenden (Achtung das Wort:) «Märkten». Und mit «Markt» meine ich nicht bloss monetäres Business, sondern «Markt» entsteht dort, wo Menschen miteinander in Austausch treten. Wir müssen lernen, dass nicht bloss «Produktion» und «Schaffensprozesse» wichtig sind, sondern dass neben dieser angebotsorientierten Sicht für uns auch die Nachfrageperspektive – also die Absatzmärkte und das Publikum im weitesten Sinne – Teil der Entscheidungsgrundlage sein müssen.
Sind wir als Organisation künftig krisenfest? Wir müssen lernen, Szenarien zu entwickeln und das Unerwartete als wesentliche Planungsgrundlage zu nutzen.
Ich bin zuversichtlich, dass wir die positiven Erkenntnisse, die wir trotz allem machen konnten, auch in die Zukunft übertragen können.
Wir haben etliches in der Pipeline…
…und ich bin extrem optimistisch, Ihnen die Ergebnisse nächstes Jahr vor solch einem Bild präsentieren zu dürfen.
Danke!
Urs Schnell
Direktor FONDATION SUISA