Pianistin, Aktivistin und Ikone des Schweizer Jazz: Irène Schweizer ist im Alter von 83 Jahren verstorben.
Tief betroffen nimmt die FONDATION SUISA vom Hinschied von Irène Schweizer Kenntnis. Ihre Rolle in der Schweizer Musiklandschaft ist einzigartig und Irène wird uns nicht nur als Erneuerin und Aktivistin fehlen, sondern wir werden sie vor allem auch als grosse Persönlichkeit vermissen. Der untenstehende – von Intakt Records verfasste Nachruf – erinnert an eine grosse Musikerin.
Urs Schnell
17. Juli 2024
Liebe Freundinnen und Freunde von Intakt Records
Irène Schweizer ist gestern, 16. Juli 2024, im Alter von 83 Jahren verstorben. Sie starb in Zürich nach längerer Krankheit.
Irène Schweizer hat uns mit ihrer Musik beglückt und die Welt des Jazz als wichtige Innovatorin bereichert. Sie ist Mitgründerin des Taktlos-Festivals, unerhört!-Festivals und des CD-Labels Intakt Records.
Wir trauern um die grosse Musikerin und Freundin.
Intakt Records
Patrik Landolt, Rosmarie A. Meier, Florian Keller, Anja Illmaier, Fiona Ryan, Ariane Pollo
Irène Schweizer: Jazzpianistin, Aktivistin, Ikone
Irène Schweizer ist die grosse Persönlichkeit des europäischen Jazz. Die Pianistin prägte mit ihren unzähligen Konzerten und ihren Werk von gut 70 CDs die internationale Jazzszene sowie die Schweizer Musikwelt. 2018 wurde sie mit dem mit 100’000 Franken dotierten Schweizer Grand Prix Musik ausgezeichnet.
Ihr musikalischer Weg führt von Swing und Bebop ihrer Anfänge über die Befreiung in der Free-Avantgarde hin zu Formen des zeitgenössischen Jazz: von Londons Jazzclub Ronnie Scott´s und dem Zürcher Africana Club bis zu den Avantgardebühnen in Wuppertal, Berlin, Willisau, Chicago, New York und Zürich. Ihre Konzerte mit dem Musikerinnen-Trio Les Diabolique, Aufnahmen mit den Grössen des Jazz wie Don Cherry, Louis Moholo, Johnny Dyani, Rüdiger Carl, George Lewis, Hamid Drake, Fred Anderson, Han Bennink, Pierre Favre schrieben Musikgeschichte. In der Schweiz tourte sie mit den Saxophonist:innen Co Streiff, Omri Ziegele und Jürg Wickihalder. Mit ihren Soloauftritten in den Schweizer Tempeln der Hochkultur, dem Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) und der Tonhalle Zürich zeigte sie sich als führende Pianistin des heutigen Jazz. Irène Schweizer’s Musik wird seit 1984 von Zürcher Label Intakt Records veröffentlicht, gepflegt und weltweit vertrieben.
Irène Schweizer kämpfte für künstlerische Freiheit und Autonomie. Sie steht konsequente gegen die Apartheid und für Frauenrechte ein. Aktiv in der Feminismus- und Lesbenszene ist sie eine Pionierin der Gender-Bewegung: mit der Feminist Improvising Group FIG, der European Women’s Improvising Group EWIG, dem schweizerisch-französisch-englischen Trio Les Diaboliques und dem Canaille, dem ersten Frauen-Jazzfestival in der Schweiz. Die vom Berliner Journalisten Christian Broecking und von Irène Schweizer autorisierte Biografie «Diese unbändigende Gefühl der Freiheit. Irène Schweizer – Jazz, Avantgarde, Politik» beschreibt den musikalischen Werdegang sowie das Leben und Engagement der Künstlerin. Irène Schweizer ist Mitgründerin der beiden Zürcher Festivals Taktlos und unerhört! und vom Zürcher Label Intakt Records.
2021, nach ihrem 80. Geburtstag, zog sich Irène Schweizer aus gesundheitlichen Gründen vom Konzertleben zurück. Der Verein «Freundinnen und Freunde von Irène Schweizer» sowie Intakt Records sorgen gemeinsam um den künstlerischen Nachlass der Pianistin sowie um die Verbreitung des Werks.
Biographie: «Dieses unbändige Gefühl der Freiheit. Irène Schweizer – Jazz, Avantgarde, Politik.» Broecking Verlag, Hochschule Luzern, 978-3-938763-44-5